Krüll-Gruppe: Viele Marken, klare Strukturen

Der Handel sieht sich wie nie zuvor mit tiefgründigen Veränderungen konfrontiert, die dazu führen, dass zwangsläufig die Frage nach der Zukunftsfähigkeit gestellt werden muss. Die Treiber der Entwicklung lauten unter anderem E-Mobilität, Digitalisierung, verändertes Kundenverhalten, Fachkräftemangel, datengetriebenes Marketing, Kostenmanagement und neue Anforderungen an die Nachhaltigkeit des Unternehmens. Für den Umgang mit diesen zahlreichen Herausforderungen gibt es keine Patentrezepte. Sicher müssen diese Themen auch nicht gleichzeitig gelöst werden. Jeder setzt seine Schwerpunkte anders. Die Krüll-Gruppe in Hamburg hat in den vergangenen Jahren unter anderem den Ausbau des Markenportfolios forciert. Inzwischen verfügt man an den zehn Standorten über 13 Marken. Was noch vor 20 Jahren undenkbar gewesen wäre, ist inzwischen für viele Händlergruppen Realität. Gestartet ist Gründer Carl Krüll vor 90 Jahren mit Ford in der Ruhrstraße in Hamburg. Seine Söhne Hans-Jürgen und Peter bauten das Familienunternehmen nach eigenen Angaben zum zweitgrößten Ford-Händler in Deutschland aus. Heute verfügt Krüll über fünf Filialen des Kölner Herstellers in Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Erst 60 Jahre nach der Gründung kamen mit Krüll Premium Cars die ersten Fremdfabrikate Jaguar und Land Rover dazu. 1999 wurde der dritte ausländische Premiumanbieter übernommen. Heute wird Volvo an fünf Krüll-Standorten geführt. Es folgten Opel, Honda, Citroen und Nissan. Das Elektrozeitalter spülte die Marken Polestar, LEVC in die zwei Showräume. Dazu kamen Peugeot und Ineos. Mit MG Motors wurde man sich im Februar dieses Jahres mit einem chinesischen Anbieter einig. Strikte Markentrennung Stellt sich die Frage: Wie managt man dieses umfangreiche Markenportfolio, damit es nicht ein "Bauchladen" bleibt, sondern alle Marken Erfolg haben? Michael Babick, seit Anfang 2015 einer der beiden Holding-Geschäftsführer, stellt klar: "Bei Krüll war es schon immer so, dass wir die strikte Markentrennung bis in die Werkstatt praktizieren. Deshalb gibt es auch für jedes Fabrikat eine eigene Gesellschaft inklusive der Zuständigkeiten. Wir wollen keinen Interbrandwettbewerb. Die Holding mit beiden Geschäftsführern ist das Dach darüber. Das ist unser Erfolgsrezept und ein klarer Vorteil gegenüber Wettbewerbern, die eine Trennung nicht so stark umgesetzt haben." Die Krüll-Gruppe versteht sich also als Autohaus mit mehreren Marken und nicht als Mehrmarkenbetrieb. "Es ist wichtig, dass jeder Verkäufer genau weiß, was er verkaufen soll und nicht auf andere Produkte ausweichen kann", ergänzt Co-Geschäftsführer Karsten Lorenzen, der auch als CFO fungiert und seit Ende 2015 an Bord ist. "Wir haben klare Markenstrukturen. In unserem Betrieb in Rostock präsentieren wir z. B. fünf Marken fein getrennt. Das sind Räume für eigenständige Marken und keine Hasenställe mit Mauern dazwischen. Wir sind auch bereit, zunächst in eine neue Herstellerpartnerschaft zu investieren und quasi eine Vorleistung zu erbringen, um dann erst Geld zu verdienen", so der Geschäftsführer. Finanzausstattung verbessert Das Familienunternehmen erzielte mit 550 Mitarbeitern im vergangenen Jahr einen Umsatz von 385 Millionen und verkaufte 6.400 Neu- und 4.300 Gebrauchtwagen. "Wir konnten auch im Geschäftsjahr 2022/23 wieder mit einem Rekordergebnis abschließen", sagt Babick. In den vergangenen Jahren habe man das Augenmerk auch auf den Aufbau einer Führungsstruktur mit geregelten Prozessen gelegt und das Betriebsklima deutlich verbessert. Sonst wäre die Ergebnisverbesserung nicht möglich gewesen. "Menschen, die das Geschäft verstehen, arbeiten gern zusammen", erklärt Babick weiter. Gleichzeitig hat sich auch die finanzielle Situation deutlich verbessert. "Wir haben Immobilien gekauft, die vorher gemietet waren, und die Eigenkapitalquote auf 30 Prozent erhöht", so der Finanzgeschäftsführer. Doch nicht nur die Strukturen und die Finanzausstattung wurden auf Vordermann gebracht. Bei Krüll setzt man verstärkt auf das Aftersales-Geschäft. So habe man in den letzten Jahren mindestens 38 Millionen Euro in die Betriebe investiert, den Hauptanteil in Kundendienstbereiche. "Diese Investitionen haben sich bereits zum großen Teil amortisiert. Wir sind davon überzeugt, dass das Aftersales-Geschäft noch eine große Zukunft hat. Zum Beispiel im Bereich Transporter sehen wir mit Ford noch große Chancen und mit der Loyalisierung von Kunden mit älteren Fahrzeugen bei vielen Marken, die wir vertreten. Wir verdienen deshalb auch im Service mit den Marken Geld", sagt Michael Babick. Elektrozeitalter: Gut aufgestellt Doch auch auf das Elektrozeitalter muss man sich vorbereiten und hier kann man nur zweigleisig fahren. Mit Polestar und LEVC wurden zwei Marken angedockt, die ausschließlich BEV anbieten. "Besonders mit Polestar sind wir sehr zufrieden. Das Auto passt in den Norden", erklärt Michael Babick. "Natürlich wollen wir auch von der Umstellung auf Elektro profitieren", sagt Lorenzen dazu. Deshalb hat Krüll an jedem Standort in die Stromversorgung investiert. So habe man die Hausanschlüsse grundsätzlich an allen Standorten auf 1.000 Ampere mit entsprechenden Trafos erweitert. Man könne jetzt also liefern, ergänzt Babick. Gleichzeitig wurden die Mechatroniker in entsprechender Zahl zu Hochvolttechnikern ausgebildet, um auch für das Aftersales-Geschäft gewappnet zu sein. Sein Fazit: "Wir rechnen auch im Zeitalter der Elektromobilität mit einem guten Geschäft."

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